Von Verantwortung und Vertrauen

Bundeskanzlerin Angela Merkel am 18. März 2008 bei ihrer Rede in der Knesset. © Moshe Milner / GPO

Dass Angela Merkel im positiven Sinne Grenzen überschreiten kann, ist bekannt: Erste CDU-Chefin, erste Frau im Kanzleramt in der Bundesrepublik, zum 10. Mal in Folge vom Forbes-Magazin zur einflussreichsten Frau auf der Welt gekürt. Die Liste der „Erste“-Beispiele lässt sich noch vielfältig fortführen.

Ein weiteres „Erste“ kam am 18. März 2008 in Jerusalem hinzu. Dort sprach Angela Merkel als erste ausländische Regierungschefin vor den Abgeordneten der Knesset. Anlass war der 60. Jahrestag der Gründung des Staates Israel, den sie mit einem dreitätigen Besuch des Landes verband. Historische Bedeutung hat die Rede vor allem auch, weil die Bundeskanzlerin in ihr betonte, dass die Sicherheit Israels ein Teil der deutschen Staatsräson sei: „Die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“

Start mit einer Handreichung

Nicht wenige israelische Abgeordnete wehrten sich wie auch schon bei früheren deutschen Ansprachen in Israel im Vorfeld dagegen, die „Sprache der Täter“ in ihrem hohen Haus zu hören. Die Bundeskanzlerin reagierte darauf mit Sensibilität, in dem sie ihre einleitenden Worte auf Hebräisch sprach und anschließend ihren Dank formulierte, den Rest der Rede in ihrer Muttersprache halten zu dürfen. Auch zum Abschluss griff sie den sprachlichen Bogen auf und gratulierte Israel zum Jubiläum seiner Staatsgründung auf Hebräisch und endete mit „Shalom“. Dies bedeutet nicht einfach nur Frieden. Sehr viel mehr schwingt und dies griff Angela Merkel zuvor detailliert in ihrer Rede auf. Shalom beinhaltet Wünsche zur Gesundheit, zur Wohlfahrt und zur Sicherheit. Bezogen auf den Staat Israel sprach die Kanzlerin an, was in den 60 Jahren den Staat geprägt hat, wie er erwachsen und an schwierigen Rahmenbedingungen gewachsen ist.

Verantwortung als oberstes Gebot

Und spricht eine deutsche Kanzlerin in Israel, ist für die Zuhörer auch die Last der Geschichte zu spüren. Umso deutlicher sprach sich Angela Merkel dafür aus, fest an der Seite Israels zu stehen und baute dabei auch immer eine Brücke zu ihrem persönlich Erlebten. Sei es der Bericht von ihren Erfahrungen in der DDR, die den Staat Israel nicht anerkannte, oder vom tiefen Bedürfnis, das Grab Ben Gurions zu besuchen, um die Wurzeln dieses Landes zu verstehen. Und dabei wob die Kanzlerin einen roten Faden durch ihre Rede, der durch zwei Begriffe immer stärker und stärker geknüpft wurde: allein achtmal sprach sie von der „Verantwortung“ der Deutschen insgesamt für Israel, aber auch von der jedes einzelnen, nie wieder etwas wie die Shoah geschehen zu lassen. Ergänzt wurde diese Verantwortung vom „Vertrauen“, das sie im Namen Deutschlands Israel aussprach. Zu dem sie aber auch gleichsam einlud, um das sie Israel bat.

Und darin lag die Stärke dieser Rede, die viele Facetten der deutsch-israelischen Beziehungen aufgriff, auch Schwieriges wie das Verhältnis zu Palästina ansprach, aber immer wieder zum Kern zurückfand: Verantwortung zeigen und Vertrauen haben. Signale, die die israelischen Abgeordneten wohlwollend aufnahmen.

So war die erste Ansprache einer ausländischen Regierungschefin vor dem israelischen Parlament ein Zeugnis, wie eine historische Rede ohne Pathos, aber mit richtigem Gespür für Moment und Worte eine „Erste“-Rede wurde, die Angela Merkel-typisch viel Aufsehen erregte, in dem sie unaufgeregt-authentisch war.

 

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