Es war die erste Präsenzveranstaltung seit der Mitgliederversammlung 2019 im Bayerischen Landtag und sie war überaus erfolgreich: Gemeinsam mit Nordrhein-Westfalens Landtagspräsident André Kuper hatte der VRdS zum vierten Salongespräch an den Rhein geladen.
„Tacheles statt Sonntagsreden – muss sich jüdisches Leben in Deutschland verstecken?“ war die Veranstaltung im NRW-Landtag in Düsseldorf überschrieben. Hausherr André Kuper nahm in seiner Eröffnungsrede darauf Bezug: „Ich bin froh, dass wir diese Frage stellen und hier diskutieren; dass wir uns bekennen zum jüdischen Leben in unserem Land. Und andererseits spüre ich, dass es noch schöner wäre, müssten wir sie uns erst gar nicht stellen. Dort wo sie gestellt werden muss, gibt es Störungen.“ VRdS-Vizepräsident Jürgen Sterzenbach, der das Projekt Megilla – jüdisches Leben in Reden konzipiert hat und betreut, sprach in seiner Begrüßungsrede vom „wachsenden Antisemitismus hierzulande, der nicht nur Juden, sondern uns alle betrifft. Bei dem wir nicht wegsehen oder gleichgültig sein dürfen.“ Darüber hinaus wolle der Verband über die Frage nachdenken, wie wir künftig Gedenken gestalten, wenn es keine Zeitzeugen des Holocaust mehr geben wird.
Musik und Meinung
Kabarettistisch ging es weiter mit dem Theater Michoels aus Köln. Alex Schneider, Victor Tabor und Vitali Eberling boten eine Kurzfassung ihrer Revue „Die Juden“ voller Sentiment und Sarkasmus, so dass einem zuweilen das Lachen im Halse stecken blieb. Die ideale Überleitung zur Gesprächsrunde, zu der VRdS-Präsidentin Jacqueline Schäfer die österreichische Diseuse Sandra Kreisler, den ehemaligen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Szentei-Heise und den Präsidenten der deutsch israelischen Handelskammer in Tel Aviv, Grisha Alroi-Arloser, begrüßte. In einem intensiven Gespräch legten die Gäste dar, wie sie jüdisches Leben in Deutschland gegenwärtig wahrnehmen, wobei Grisha Alroi-Arloser darauf verwies, dass er die gegenwärtige Situation in Deutschland nicht wirklich beurteilen könne: „Ich bin damals bewusst aus Deutschland weg, weil ich nicht mehr der Jude sein wollte. Viele Fragen, die heute gestellt werden, sind Fragen, die die Deutschen betreffen, nicht die Juden.“ Für Sandra Kreisler ist für Juden das Leben in Deutschland problemlos, wenn sie sich so verhalten, dass sie nicht anecken. Sie betonte, dass immer häufiger Antisemitismus im Gewand des Antizionismus daherkäme. Dem widersprach Michael Szentei-Heise ausdrücklich nicht, betonte jedoch, bei seiner Arbeit für die Gemeinde sowohl behördlicherseits als auch aus der Zivilgesellschaft ausgesprochen positive Unterstützung erfahren zu haben.
Zum Ausklang des Abends diskutierten die Teilnehmer mit den rund 60 Gästen aus Politik, Wirtschaft, der jüdischen Gemeinde und des VRdS bei mediterranen Spezialitäten im koscheren Stil. „So lange halten unsere Gäste normalerweise nicht aus“, lobte ein Mitarbeiter des Landtags die rundum gelungene Veranstaltung, die vom NRW-Landtagspräsidenten großzügig unterstützt wurde.
Videos von der Veranstaltung finden Sie auf Redenschreiber TV, dem YouTube-Kanal des VRdS. Ein ausführlicher Bericht über die Podiumsdiskussion erschien in der Jüdischen Allgmeinen.