Dominik Sinnreich

Wien
Interesse an Projekten

Wer sind Sie, was machen Sie, wie kamen Sie zum Redenschreiben?

Ich habe immer wieder darüber nachgedacht, als Redenschreiber zu arbeiten … und offenbar auch darüber gesprochen. Denn eines Tages hat mich ein Freund angerufen: Das Kabinett, in dem er damals arbeitete, brauchte Hilfe beim Redenschreiben. Ich bin eingesprungen – und habe so mein erstes fixes Mandat bekommen. Das ist viele Jahre her, seither schreibe ich für Spitzenfunktionär:innen in der Wirtschaft und in der Politik. Davor habe ich zehn Jahre als Journalist für TV-Sender und Tageszeitungen gearbeitet; wiederum davor habe ich Soziologie studiert und nebenbei eine Ausbildung zum Schreibtrainer gemacht.

Warum braucht man Redenschreiberinnen und Redenschreiber?

Kein:e CEO, kein:e Spitzenpolitiker:in würde eine Presse-Aussendung selbst schreiben. Warum sollte das ausgerechnet bei einer Rede so sein? In eine gute Rede fließen Tage, manchmal Wochen an Arbeit – deshalb ist das eine Aufgabe für Spezialist:innen. Warum man uns braucht? Diese Frage würde in den USA so niemand stellen. Dort haben Redenschreiber:innen einen anderen Stellenwert, dort ist der Umgang nicht so verschämt – und man kann ganz leicht rausfinden, wer wessen Reden schreibt.

Wie lautet Ihr wichtigster Rat an eine Rednerin oder einen Redner?

Geben Sie uns Zeit und Zugang. Eine gute Rede braucht guten Kontakt zu dem/der Redner:in. Sonst wird es nämlich generisch. Sonst kann man genauso gut Geld sparen und eine künstliche Intelligenz im Internet bemühen. Ihr:e Redenschreiber:in wird Sie nerven, herausfordern und mit Fragen löchern. Aber das ist gut so. Denn dann bekommen Sie eine gute Rede.

Wovon lassen Sie sich bei Ihrer Arbeit inspirieren?

Redenschreiber:innen sind „Jäger und Sammler“. Jedes Buch, jede Serie, jede Anekdote ist uns Inspiration. Deshalb habe ich mittlerweile immer was zu Schreiben dabei. Zu oft hatte ich schon eine gute Idee, eine schöne Metapher, einen blöden Witz im Kopf … und längst wieder vergessen, wenn ich endlich Block und Bleistift in Händen hatte.

Welches Reden-Zitat hat Sie am meisten beeindruckt?

Ich bin kein großer Freund von Zitaten in Reden, denn ich strebe danach, selbst die richtigen Worte zu finden – oder zu erfinden. Statt einfach nur wiederzugeben, was schon einmal gesagt wurde. Deshalb gibt es für mich auch nicht das „eine“, das beste Zitat. Denn jedes Zitat wird unweigerlich schwächer und schaler, wenn wir es aus seinem Zusammenhang reißen. Was bleibt schon übrig von „Yes, we can“ – ohne Kontext?

Was sind die drei wichtigsten Fähigkeiten einer Redenschreiberin oder eines Redenschreibers?

Neugier, Kreativität und Beharrlichkeit (beim Finden der richtigen Formulierung).

Worin verfügen Sie über die größte Expertise?

Die Soziologie hat mir beigebracht, die Dinge nicht als „gegeben“ hinzunehmen. Sondern auf scheinbar logische, natürliche Zusammenhänge aus der Vogelperspektive zu schauen; das Besondere im Banalen zu entdecken. Dieser Blick hilft mir, die Dinge genauer zu analysieren – und so die besten Metaphern zu finden.