Ein Date im Lockdown

Mitten im Corona-Winter 2020/21 starteten fünf Mitglieder des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) das zwölfwöchige Programm „Working Out Loud“ (WOL).  Diese Methode offener Zusammenarbeit erfreut sich in Unternehmen und Verbänden immer größerer Beliebtheit. Was aber bringt sie unserem Berufsstand und Verband?

Wissen und Erfahrungen teilen – darum geht es bei „Working out loud“ (WOL). Absicht und Funktionsweise (siehe Kasten) stellte Redencoach Hilge Kohler im Rahmen eines VRdS-Experten-Talks Anfang September vor. Daraufhin starteten fünf Mitglieder aus Deutschland und Österreich den ersten WOL-Circle im VRdS: Drei Monate lang tauschten sie sich online zu Zielen aus, die sie sich selbst gesetzt hatten – vom Häuschen im Grünen über die Erstellung einer spirituellen Website bis hin zu Klärung des beruflichen Lebenswegs.

„Alles hatte Platz, und trotzdem waren die Diskussionen nicht beliebig“, erinnert sich die Berliner Historikerin und Redenschreiberin Uta Gerlant. Der Grund: WOL-Circle folgen einem Leitfaden mit Aufgaben, die Schritt für Schritt in die Tiefen der vernetzten Kommunikation einführen. Auch wenn manche für uns Kommunikationsfachleute recht banal erscheinen: „Das Wissen rutscht nach und nach vom Kopf ins Herz“, so die Bonner Redenschreiberin Anja Martin. „Ich denke beim Netzwerken jetzt andersrum: Im Vordergrund steht nicht, was ich bekommen will, sondern was ich geben und teilen kann – Kontakte, Hinweise, eigene Erfahrungen.“

Das geht auch den anderen Teilnehmerinnen so. Ihr Fazit: Netzwerken – ob innerhalb oder außerhalb des Verbandes – macht plötzlich viel mehr Spaß. Weil man nicht mehr unsicher rumsteht und wartet, sondern – auch online – offen auf andere zugeht im Wissen, etwas Wesentliches teilen zu können. Das gilt für „alte Hasen“ ebenso wie für Einsteiger*innen: „Wir lernen, ohne es zu merken, durch die Inspiration, die wir einander geben“, bringt es Uta Gerlant auf den Punkt.

Inspirierend war auch der Austausch über VRdS-Angebote und Aktivitäten – wie beispielsweise über die Rhetorik-Analysen der DAX 30-Hauptversammlungen: Alle fünf Teilnehmerinnen meldeten sich als Analystinnen an. „Ohne unsere Meetings wäre ich nicht auf die Idee gekommen“, so Hilde Malcomess, Redenschreiberin und Coach aus Köln.

Redenschreiben ist Beziehungsarbeit
Gerade in der für Freiberufler schwierigen Corona-Zeit waren die wöchentlichen Online-Meetings ein Quell hilfreicher Impulse und gegenseitiger Stärkung. „Ihr habt meinem Corona-Winter Wärme und Struktur gegeben. Danke für die Aufmerksamkeit, die Offenheit, das herzliche Miteinander“, schreibt Hilde Malcomess in einer Mail. Schnell entwickelte sich zwischen den Teilnehmerinnen, die sich zuvor nicht kannten und die bis dahin nur die Mitgliedschaft im VRdS verbunden hatte, eine vertrauensvolle Nähe. „Durch unsere WOL-Treffen bekam der Verband für mich ein Gesicht“, sagt die Münchener Journalistin und Redenschreiberin Melanie Khoshmashrab.

„Ich bin jetzt Redenschreiberin. Punkt“, erklärte die Österreicherin Nina Mahler bei einem Treffen. Der WOL-Circle hatte sie darin bestärkt, das Redenschreiben, das sie bis dahin eher als Hobby betrieben hatte, nun auch zum Beruf zu machen. Flugs erstellte sie nicht nur ein Portrait auf der VRdS-Website, sondern auch eine eigene Website. „Redenschreiben ist Beziehungsarbeit“, lautet ihr Credo. Und Melanie Khoshmashrab ergänzt: „Wir Redenscheiber*innen arbeiten meist allein als Einzelkämpfer*innen. Der VRdS-WOL-Circle hat uns gezeigt: Wir werden stärker und besser, wenn wir unsere Erfahrungen teilen und als Team agieren.“

 

Working Out Loud

Working Out Loud (WOL) ist eine Denk- und Verhaltensweise der Zusammenarbeit und eine darauf aufbauende Selbstlern-Methode. Ein WOL-Circle besteht aus drei bis fünf Teilnehmenden, die sich virtuell oder persönlich drei Monate lang eine Stunde in der Woche treffen. Anhand einer Agenda und mithilfe von Gruppenübungen wird Wissen in der Gruppe geteilt und kollaboratives Arbeiten nach und nach zur Gewohnheit. Weitere Informationen: https://workingoutloud.com/de/fur-dich

1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • Jacqueline Schäfer
    23. April 2021 0:34

    Was für ein toller Erfahrungsbericht! Danke für das Engagement und die Erkenntnisse.

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